Vortrag Eisenbahn
Vortrag Eisenbahn
16.03.2013 - Schwabenrunde, Hausen ob Urspring
Hier soll nun der Text des Vortrages von Georg Renz wiedergegeben werden:
Beginn möchte ich zunächst bemerken, dass es mich sehr, sehr freut heute bei Ihnen ein wenig über das faszinierende und überaus interessante Thema „Eisenbahn“ sprechen zu dürfen. Die ersten Schienen sind vermutlich dadurch entstanden, dass die Räder der Wagen im feuchten Boden Spuren hinterließen, die sich bei längerer Trockenheit verhärteten und damit den folgenden Wagen eine gewisse Spurführung boten. Die dadurch verbundene Erleichterung war deutlich spürbar, so dass zwangsläufig daraus eine künstliche Anlage solcher Wagenspuren erfolgen musste.
Die Wissenschaft glaubt heute, erste Aktivitäten dieser Art bereits in der Jungsteinzeit, mehr als 2000 Jahre vor Christusnachweisen zu können. Im Mittelmeerraum sind Überreste in den Fels gehauener Rillen mit Abzweigungen und Nebenspurenerhalten die der Jungsteinzeit zugeordnet werden.
Vor den Römern, die von der Anlage solcher Spurenbahnen auf ihren gepflasterten Straßen in erheblichem Umfang Gebrauchmachten, benutzten sie die Griechen, deren Lehrmeister aller Wahrscheinlichkeit nach die Ägypter waren. Auf den griechischenTempelstraßen, so auf der „Heiligen Straße“ zwischen Athen und Eleusis bewegten sich die Tempelwagen in sorgfältig aus demStein gehauenen Rillen. Reste von Spurbahnen in ähnlicher Art finden sich bereits in altägyptischen Steinbrüchen wo sie offenbarbenutzt wurden um die gewaltigen Quader für den Bau von Monumenten und Tempeln leichter zu bewegen.
Ich bin gerne der Einladung gefolgt, vor allem als ich gehört habe, dass das Publikum aus Eisenbahnenthusiasten besteht, die fasziniert ihrem Hobby „Eisenbahn“ bzw. Modelleisenbahn nachgehen. Ich begrüße sie recht herzlich und hoffe, Ihnen in den nächsten Minuten Interessantes, geschichtliches, ein klein wenig Technisches und auch Regionales zum Thema „Eisenbahn“ erzählen zu können.
Damit sie wissen wer hier vorne quasselt darf ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Georg Renz, noch 58 Jahr alt, verheiratet, eine erwachsene Tochter und wohne in Schelklingen. Von Beruf „Eisenbahner“, habe am 01.09.1970 bei der Deutschen Bundesbahn, Bahnhof Blaubeuren als Beamter begonnen. Alle Berufsfelder von der Güterabfertigung, der Fahrkarten- und Gepäckausgabe, Stellwerks- und Fahrdienst, Kassenverwalter, Personalratsvorsitzender und zuletzt als Personalbeamter durchlaufen. Stationen waren der Bahnhof Herrlingen, Bahnhof Kornwestheim, Stuttgart West, Bahnhof Schelklingen und Bahnhof Ulm Hbf. Mit Beginn der sogenannten Bahnreform wurde ich der DB Cargo in Ulm zugeschlagen, nach einem kurzen Gastspiel in Ulm versetzte man mich zunächst nach München, danach nach Stuttgart. Diese wiederum versetzten mich zu einer sogenannten „Taskforce Ost“ mit Sitz in Sassnitz / Mukran auf der Insel Rügen. Nach einem Jahr jedoch konnte ich nacherfolgreicher Bewerbung wieder nach Ulm zurückkehren und bin seit 2001 bei der DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee GmbH (RAB) als Personaler im Geschäftsfeld Bus, also bei den „Gummi-Eisenbahnern“ tätig. Meine Hobbies sind das Museumsstellwerk, Stellwerk 1 in Schelklingen, meine Lokmodellsammlung und die Spielmannszugsmusik.
Aber das soll es zu meiner Person nun gewesen sein, ich glaube man konnte gut einen Eindruck gewinnen, wie flexibel Eisenbahner sein mussten und noch müssen, aber auch wie vielfältig und spannend ein Eisenbahnerleben sein kann.
Wohl keine Erfindung des 19. Jahrhunderts hat die Lebensbedingungen und die Erfahrungen der Menschen so radikal verändert wie die der Eisenbahn.
Eisenbahn, eine eiserne Bahn, woher kommt eigentlich diese Bezeichnung? Man hat sich an die Pioniere der Eisenbahn in Englandangelehnt, von dort entstammt die eigentlich wörtliche Übersetzung des Begriffes rail-road. – Schienen Straße.
Lange bevor Eisen für die Bahn in großem Umfang Verwendung fand, dass sich der Begriff „Eisenbahn“ prägte, hatten die Menschen das Prinzip der Fortbewegung von Fahrzeugen in bewusst angelegten Spuren einige Jahrtausenden hindurch genützt, allerdings ohne entscheidende Fortschritte zu erzielen. Bedeutende Reste solcher Fahrspuren finden sich bei Syrakus auf Sizilien, sowie in Pompeji und anderen Orten des römischen Reiches. Trotz der zu einem gewissen Standard entwickelten Technik blieb der entscheidende Fortschritt über 4000 Jahre hin aus. Erst gegen Ende des Mittelalters kam es zu einem epochemachenden Ereignis. Aus Baumstämmen, später aus behauenen Balkenwurden besondere“ Gleise“ angelegt die nicht mehr an die Landstraßen gebunden waren sondern überall im Gelände verlegt werden konnten. Wahrscheinlich hat sich dieser Fortschritt unter Tage vollzogen, also in den Bergwerken um die Förderwagen, sogenannte Hunte leichter bewegen zu können.
Erhalten geblieben sind Teile eines Gleises aus Baumstämmen aus dem Goldbergbau in Siebenbürgen. Die Räder der Bahnenwiesen jedoch Unzulänglichkeiten in der Spurführung auf, teilweise wurden große Nägel auf beiden Seiten in die Räder geschlagenum nicht aus der Spur zu geraten, allerdings mit mäßigem Erfolg. Mehr Erfolg versprach die Erfindung des Radkranzes.
Als Erfinder des Rades mit einseitigem Spurkranz gilt der Engländer Ralph Allen , der in den 30iger Jahren des 18. Jahrhundertderartige Räder auf einer Bahn zur Verbindung seiner Steinbrüche zum Fluß Avon anwandte. Neben der Spurführung ergab sich jedoch noch ein anderes Problem, die nur kurze Lebensdauer der ungeschützt oft auf feuchtem Boden verlegten Holzschienendurch Regen und Witterung. So wurden dann bei der Anlage von Gleisen die Spurrinnen mit Eisenstangen ausgelegt. Für die weitere Entwicklung übernahm England die führende Rolle. Um 1770 wurden bereits statt der hölzernen Unterlagen, aus Steingemauerte verwendet, darauf hervorstehende Gleise anstatt der Vertiefungen angebracht auf denen Wagen mit gefalzten Radkränzen liefen. Mit diesen Rail- Roads war die eiserne Bahn,- die Eisenbahn entstanden.
Die Zugkraft für Fuhrwerke lieferte seit eh und je das Pferd, soweit nicht Menschen mit Muskelkraft die Wagen zogen oderschoben. So liegt in der Tatsache, dass die ersten Eisenbahnen von Pferden gezogen wurden nichts Besonderes. Auch hier spielen wieder die Bergwerke, Kohlengruben eine große Rolle. Meistens liefen die beladenen Wagen auf einer abschüssigen Bahn zur Entladestation und das Pferd folgte mit dem Zügel verbunden, um den leeren Wagen wieder zur Beladung ins Bergwerk hoch zuziehen. Für den öffentlichen Verkehr- zur Personenbeförderung wurden nun Pferdebahnen errichtet. 1801 die erste Bahn zwischen Wandsworth und Croydon bei London. Die Benutzer hatten nicht nur ihren Wagen sondern auch die Pferde selbst mit zubringen. 1804 erhielt auch der Kontinent seine erste Eisenbahn: Es war die 64,5 km lange Verbindung zwischen Budweis und Kerschbaum in Österreich. 1832 verlängert auf 127 km zwischen Budweis und Linz. In Deutschland legte der Bergrat Josef Baader1814 den Plan einer Pferdeeisenbahn von Nürnberg nach Fürth vor.
Obwohl diese Bahn als erste in Deutschland über 20 Jahre später mit einer Dampflokomotive eröffnet wurde, sind tatsächlich bis1862 dort auch Pferde verwendet worden.
Die fortschreitende Industrialisierung führte zu Experimenten mit der Dampfkraft. Die anfangs noch zögerliche Anwendung derDampfkraft und der damit verbundenen Nutzung, zuerst in der Schifffahrt, geriet jedoch durch Misstrauen und Vorurteile heftig inMisskredit.
Welchen Schrecken, welche Ängste diese neue, ungeheure Energie in den Menschen hervorrief lässt sich an folgenden Beispielen leicht verdeutlichen. 1707 wollte der Physiker Denis Papin der in Marburg lehrte, auf der Fulda mit einem Dampfboot fahren, seine Erfindung wurde das Opfer wütender Flußschiffer. Ähnlich erging es dem Amerikaner Fulton, dessen Entwürfe in England noch mehr als hundert Jahre später als „Ausgeburten eines verbrannten Gehirns“ verhöhnt wurden. Diese Ablehnung übertrug sich auch auf die Eisenbahn. Wer sich für sie einzusetzen bereit war, lief Gefahr, für verrückt erklärt und nur noch bemitleidet zu werden.
Als der Bau der ersten Eisenbahn in Deutschland zur Diskussion stand erstellte das Bayerische Obermedizinal Kollegium ein Gutachten in dem es unter anderem hieß: Die schnelle Bewegung muss bei den Reisenden unfehlbar eine Gehirnkrankheit, eine besondere Art des Delirium furiosum, erzeugen. Wollen aber dennoch Reisende dieser grässlichen Gefahr trotzen, so muss der Staat wenigstens die Zuschauer schützen, denn sonst verfallen diese beim Anblicke des schnell dahinfahrenden Dampfwagens genau derselben Gehirnkrankheit. Es ist daher notwendig, die Bahnstrecke auf beiden Seiten mit einem hohen, dichten Bretterzaun einzulassen.
Nur zum Verständnis man sprach über eine Geschwindigkeit von fast 30 km/h.
Solche Einschätzungen führten allgemein zu weiteren Ängsten, so wurden in England die Dampfmaschinen von James Watt vonder Bevölkerung angezündet und zerstört. Großgrundbesitzer, Fuhrleute, Kanalbesitzer und sogar die Post agierten vehementgegen die Eisenbahn. Sie streuten Bedenken, indem sie sagten Felder und Wälder würden durch das feuerspeiende Ungetüm inBrand gesetzt, der Lärm würde benachbarte Schlösser und Güter unbewohnbar machen, das Vieh würde davonlaufen und diePferde sich zu Tode scheuen. So verjagte das Volk nun, aufgestachelt von Fuhrleuten, Landbesitzern und Kirchenleuten, dieFeldmesser von vorgesehenen Eisenbahntrassen.
Dabei waren ihre Ängste unbegründet. Die Bahn hatte sich sehr schnell als sicheres Transportmittel herauskristallisiert – Unfälle waren eher selten – ab und an explodierten die Dampfkessel, meistens kamen hierdurch jedoch keine Menschen zu Schaden.
Der erste Eisenbahnunfall ist aus England gemeldet und niedergeschrieben:
Im Juli 1650 – Zwei Jungen starben, nachdem sie von Hunten
einer Grubenbahn überfahren wurden, die auf hölzernen Schienenliefen. Es handelt sich um den ältesten bekannten Eisenbahnunfall mit tödlichem Ausgang.
Die Dampfmaschine als Energiespender für die Eisenbahn wurde daher nur sehr langsam vorangetrieben und drehte sich lange im Kreise. Erste längere und effiziente Einsätze erlebte eine Dampfeisenbahn 1813 in der Kohlengrube Wylam bei Newcastle, durch William Hedley, der auf die Kraftübertragung von Rad auf Schiene setzte und die Zahnradstangen wegfallen ließ. Seine Konstruktion nannte er „Puffing Billy“ – ein Nachbau von „Puffing Billy“ aus dem Jahre 1906 ist im Deutschen Museum in München zu sehen.
Der Bau von Eisenbahnstrecken erforderte zum Teil sehr monumentale Verkehrsbauwerke. Seit den von Römern erbauten Aquädukten (Wasserleitungen) wurden keine so aufwändigen und kostspielige Viadukte und Brücken mehr errichtet. So verwundert es nicht, dass George Stephenson, der noch heute als einer der größten Wegbereiter der Eisenbahn gilt, von der Maschinenkonstruktion zum Eisenbahnbau wechselte und jene Strecke erbaute, die den Beginn des Eisenbahnzeitalters markiert: die Stockton-Darlington Eisenbahn. Am 27.September 1825 stand der erste Zug mit Personenbeförderung abfahrbereit in Stockton. Vorgespannt war die von Stephenson erbaute Lokomotive „Locomotion“, es folgten sechs mit Kohle beladene Güterwagen, der erste und einzige Personenwagen für die Ehrengäste und 21 extra für die Eröffnungsfahrt mit Sitzbänken ausgestattete Kohlenwagen, insgesamt über 70 Tonnen Gesamtlast. Die Fahrt wurde zu einem vollen Erfolg, nicht zuletzt durch die vielen Halte,, hervorgerufen durch die neugierigen Zuschauer, in denen es Stephenson immer wieder gelang genügend Dampf zu produzieren um durchgängig die Strecke zu befahren.
Auf der neuen Strecke fuhr nicht nur die Eisenbahn, nein auch Fuhrwerke, Reisekutschen und Postkutschen natürlich gegen Gebühr – ähnlich der Trassengebühr heute. Es wurde Ausweichstellen angelegt, Pferdewagen hatten grundsätzlich den Zügen auszuweichen. Ein genaues Reglement regelte die Vorfahrt, Polizisten auf der Strecke hatten die Einhaltung der Bestimmungen zu überwachen – und von Fall zu Fall die Feuer zu löschen die der Funkenflug der Lokomotiven entfacht hatten. Auch hier hagelte es wieder Proteste wurden Prozesse nagestrebt, doch auf der Strecke Stockton-Darlington kam die Dampflokomotive sprichwörtlich endgültig „über den Berg“. Unaufhaltsam rollte sie nun in die Zukunft.
Und sie rollt auf Gleisen der Spurweite 1435 mm. Es ist heute noch nicht ganz geklärt woher diese 1435 mm stammen – die wahrscheinlichste Annahme ist, dass es sich um die Spurweite der alten englischen Postkutschen handelte – die Fuhrleute in England verwendeten eben solche Kutschaufbauten für die Erstellung von Eisenbahnwagen. Warum aber übernahm Deutschland diese englische Spurweite? Ganz einfach – die erste Lokomotive „Adler“ war von Stephenson gebaut worden und mit nach Deutschland gebracht worden. Um diese dann überhaupt auf Gleisen fahren zu können musste die Spurweite der Lokomotive angepasst werden.
Auch Unfälle ließen nicht lange auf sich warten, so gilt als erster Eisenbahnunfall in Deutschland das Zugunglück von Gütersloh-Avenwedde (Preußen) - Entgleisung 21. Januar 1851 – Ein Zug von Minden ins Rheinland entgleiste auf der Stammstrecke der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft
in der Gemarkung des heutigen Gütersloh-Avenweddee. Drei Todesopfer waren die Folge. In dem Zug reiste auch Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der spätere Kaiser Friedrich III., der aber nur leicht verletzt wurde.
Im heutigen Baden-Württemberg geschah 1882 ein großes Eisenbahnunglück:
In Hugstetten (Baden)– Entgleisung: 3. September1882 – Bei Hugstetten der Strecke Freiburg im Breisgau-Colmar entgleiste ein mit 1200 Reisenden besetzter Sonderzug. 64Menschen starben, 225 wurden verletzt. Durch ungenügende Bremsung geriet der von einer Lok der Gattung X c
(4-achsigebadische Tenderlokomotive mit Namen „Kniebis“) gezogene Zug im Gefälle außer Kontrolle und entgleiste bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h. Wegen des schlechten Oberbau
waren auf diesem Abschnitt nur 50 km/h zugelassen.
Die bayerische Ludwigsbahn, die am 07.12.1835 zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet wurde gilt als erste Eisenbahn in Deutschland. Nicht nur die Lokomotive, nein auch der Lokführer musste aus England importiert werden, während der Nürnberger Johann Georg Hyronimus als Heizer fungierte. Die erste Fahrt dauerte etwas mehr als 9 Minuten und wurde in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 Km/h zurückgelegt. Der Zug bestand aus der „Adler“ Lok und neun Wagen mit ca. 200Ehrengästen – als Ladegut waren zwei Fass Bier mit an Bord. Die Ludwigsbahn-Gesellschaft hat inzwischen aufgehört zu existieren, schon am 31.10.1922 fuhren seine Züge zum letzten Mal. Die Trasse der Ludwigsbahn wurde am 01.Juli 1964 an die Städte Nürnberg und Fürth verkauft. Auf ihr entstand in den Folgejahren die U-Bahn Verbindung von Nürnberg-Langwasserdurch die Nürnberger Innenstadt nach Fürth. Somit das Ende des ersten Kapitels deutscher Eisenbahngeschichte.
Es folgte als erste Eisenbahn Preußens die Berlin-Potsdamer Eisenbahn , die die 14 km von Zehlendorf
nach Potsdam überwand und wenige Monate später bis Berlin fortgeführt wurde. Ab dem 1. Dezember 1838 verkehrte zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel die Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn .Als erste Bahn in Deutschland in staatlichem Besitz betrieben, wohl um einer Übernahme durch Preußen vorzubeugen, wurde sie aus Geldnot des Herzogtums 1869 dann doch an Preußen verkauft. Die am 20. Dezember 1838 mit der Teilstrecke Düsseldorf – Erkrath eröffnete
Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn war die erste Dampfeisenbahn im Rheinland bzw. der preußischen
Rheinprovinz. Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn , am 24. April 1837 mit dem Teilstück von Leipzig nach Althen als dritte deutsche Eisenbahneröffnet und am 7. April 1839 bis Dresden fertiggestellt, war mit einer Streckenlänge von 120 km die erste deutsche Fernbahn und die erste ausschließlich dampfbetriebene Eisenbahn in Deutschland. Zu ihrer Strecke gehörte auch der erste deutsche Eisenbahntunnel, der Oberauer Tunnel mit ca. 2,5 km Länge.
Am 12. September 1840 eröffnete das Großherzogtum Baden als Staatsbahn die Strecke von Mannheim nach Heidelberg als erstes Teilstück der 285 km langen badischen Hauptbahn von Mannheim nach Basel, die am 1. August 1845 Freiburg im Breisgau erreichte und im Jahre 1855 fertiggestellt wurde. Im Gegensatz zu allen umliegenden Bahnen verwendete man in Baden bis1854/55 eine Breitspur
mit 1600 mm Spurweite.
Die Errichtung von Eisenbahnstrecken in Deutschland geschah vor allem unter der Regie und der Mittelbereitstellung von Privatleuten und Betrieben. So kann man sich leicht vorstellen warum keine Länderüberschreitende Eisenbahnfahrten möglichwaren – dies machte sich in hohem Maße bemerkbar beim Güterverkehr – aber auch beim Personenverkehr. So mussten zum Beispiel Reisende von Stuttgart nach München in Ulm umsteigen und ihre Fahrt vom bayrischen Bahnhof fortsetzen – heute noch leicht erkennbar – es sind die Gleise 28 und 29 in Ulm. Aber nicht nur Güterverkehr und Personenverkehr hatten unter den widrigen ländertypischen Eigenschaften zu leiden – nein ganz besonders das Militär.
Die obrigkeitlichen Organe der deutschen Staaten standen dem neu aufkommenden Eisenbahnwesen mit unterschiedlicher Haltung gegenüber. Teils wurde die Initiative den Unternehmern überlassen, teils wurde versucht, eine staatlich getragene Eisenbahn zu fördern, dies am ausgeprägtesten in den süddeutschen Monarchien Baden, Bayern und Württemberg. Preußen setzte dagegen zunächst auf private Bahnen, übernahm aber schon früh einige dieser Bahnen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten in staatliche Verwaltung, so etwa die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft. Das führte immer mehr dazu, dass die Bahnen entweder in staatliche Hände geführt wurden oder durch den Staat gebaut wurden. Die Militärstrategen hatten die enorme Bedeutung der Eisenbahn als Truppen – und Materialtransporter erkannt – dies sollte sich bereits im deutsch-französischen Krieg von 1871 positiv bemerkbar machen.
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts hatte es im Königreich Württemberg für die Verkehrsentwicklung vorrangig Pläne für den Bau von Kanälen gegeben, die Neckar, Donau und Bodensee
miteinander verbinden sollten. Nach dem Aufkommen der ersten Eisenbahnen wurde von König Wilhelm I. eine Kommission beauftragt, zu untersuchen, ob stattdessen Eisenbahnen gebaut werden sollten. Der Bericht der Kommission 1834 bejahte dies und empfahl eine Eisenbahn Stuttgart-Ulm durch die Täler von Rems, Kocher und Brenz. Ende 1835 kamen daneben in Ulm Forderungen auf, eine Bahn von Stuttgart durch das Filstal nach Ulm und weiter zum Bodensee zu bauen.
König Wilhelm I. verkündete am 18. April 1843 das „Gesetz, betreffend den Bau von Eisenbahnen“, demzufolge Eisenbahnen „in die Verwaltung des Staates übernommen oder auf Kosten des Staates gebaut werden“ sollen. Neben den staatlichen Bahnen sollte der Bau weiterer Nebenbahnen den Privatunternehmen überlassen bleiben. Es entstanden dann jedoch ganz wenige Privatbahnen in Württemberg.
Trotz des frühen und vergleichsweise systematischen staatsgelenkten Vorgehens dauerte es noch 10 Jahre bis zur Errichtung der ersten Eisenbahn in Württemberg.
Diese späte Einführung hatte zunächst den Grund, dass im wenig begüterten Württemberg der kostenaufwendige Eisenbahnbau nicht rentabel erschien; die Gesamtkosten der Hauptbahnen wurden auf ca. 30 Millionen Gulden veranschlagt, was zu dieser Zeit in etwa der Höhe eines Dreijahreshaushalts entsprach. Insbesondere wurde der zu erwartende Binnenverkehr als zu geringangesehen. Die vergleichsweise hohen Kosten ergaben sich durch die hügelige Topografie Württembergs, wobei insbesondere die Querung der Schwäbischen Alb aufwendig war.
Kommt Ihnen das nicht ein klein wenig bekannt vor? Übertragen wir diese Argumente und Befürchtungen in unsere heutige Zeit und wir sind beim Thema Stuttgart 21 und wieder in Württemberg.
Aber zurück zum Thema erste Bahn in Württemberg. Die geplante Streckenführung, die sich zunächst auf die Flusstäler beschränkte, wurde dadurch erschwert, dass Schlüsselstellen wie das obere Neckar- und Donautal mit badischen und hohenzollerischen Gebietsteilen verzahnt waren.
Erst die Schaffung von Strecken in den Nachbarländern mit der Aussicht auf Gewinne durch einen Transitverkehr sowie technische Fortschritte der Eisenbahntechnik und die Befürchtung, durch die Entwicklungen in den Nachbarländern abgehängt zu werden, gaben auch Württemberg den letzten Anstoß zum Bau von Eisenbahnstrecken.
Die Regierung griff die Vorschläge ihrer Untersuchungskommission auf und ließ ab 1836 durch Oberbaurat Georg von Bühler und Generalmajor Carl von Seeger Pläne für folgende Linien ausarbeiten: Die Ostbahn. Erste Alternative: von Cannstatt durch das Filstal nach Ulm, auch Filsbahn genannt. Zweite Alternative: von Cannstatt durch die Täler von Neckar, Rems und Brenz nach Ulm, auch Remsbahn genannt. Nordbahn: von Cannstatt nach Heilbronn; Westbahn: abzweigend von der Nordbahn von Eglosheim in Richtung auf die badischen Städte Bruchsal oder Pforzheim; Südbahn: von Ulm nach Friedrichshafen am Bodensee; die Remsbahn-Variante umging die Schwäbische Alb, war jedoch erheblich länger als die Filsbahn-Variante und musste teilweise über bayerisches Gebiet geführt werden. Beim direkten Weg musste die Geislinger Steige überquert werden. Wegen der kürzeren Strecke und wegen der besseren Anbindung Stuttgarts entschied man sich für die Filsbahn. Wahl des Zentralbahnhofs: Nach den verschiedenen Plänen standen Cannstatt, Stuttgart und Berg zur Auswahl. Wegen der Lage Stuttgarts in einem Talkessel sahen die ersten Planungen vor, Stuttgart nur mit einer Nebenbahn von Cannstatt oder Berganzuschließen. Später ermöglichte Etzel jedoch mit moderneren Planungen (inklusive Prag-und Rosensteintunnel) die Anlage des Zentralbahnhofs in Stuttgart. Da Stuttgart die erheblich größere Stadt war und ein höheres Verkehrsaufkommen erwarten ließ, entschloss man sich für die Hauptstadt, obgleich ihre geographische Lage Probleme mit sich brachte, die sich noch heute bemerkbar machen. Die württembergischen Eisenbahnen wurden von Beginn an als Staatsbahn vorgesehen; Anträge auf Konzessionen zum Bau von Privatbahnen (z. B. der zu diesem Zweck gegründeten Württembergischen Eisenbahngesellschaft 1836) wurden zunächst abgelehnt. Nach Verabschiedung des Gesetzes wurde als erstes die Zentralbahn in Angriff genommen, die Stuttgart in zwei Zweigen mit Ludwigsburg und Esslingen verband. Der Bau begann 1844, die erste Teilstrecke zwischen Cannstatt und Untertürkheim wurde am 22. Oktober 1845 eröffnet, die Gesamtstrecke bis 1846 vollendet. Bis 1848 wurde die Nordbahn vollendet, bis 1850 Süd- und Ostbahn fertiggestellt. Für den Anschluss des Ostteils des Landes hatte die Regierung 1857 zunächst einen Abzweig von der Filsbahn bei Lonsee nach Heidenheim vorgesehen. Dieser Plan wurde jedoch bald als unwirtschaftlich erachtet und fallengelassen. Bessere Chancen auf Verwirklichung hatte ein Abzweig bei Uhingen im Filstal nach Lorch und von dort weiter im Remstal nach Aalen. Dieser hätte eine günstige Verbindung zur Oberen Neckarbahn geboten. Bayern, das eine Konkurrenz für seine eigene Nord-Süd-Verbindung befürchtete, deutete an, einer solchen Bahn keine Anbindung in Nördlingen zu gestatten. Daher wurde die Remsbahn von Cannstatt nach Wiblingen und von dort entlang der Rems nach Aalen und Wasseralfingen errichtet und 1861 eingeweiht. Ebenfalls 1861 schloss Württemberg mit Bayern einen Staatsvertrag ab, der den Weiterbau nach Nördlingen regelte, der bis 1863 realisiert wurde. Der Vertrag enthielt die für Württemberg ungünstige Brenzbahnklausel, die eine direkte Verbindung zwischen Aalen und Ulm bis 1875 untersagte. Daher wurde 1864 zunächst nur eine Zweigbahn von Aalen nach Heidenheim angelegt. Baden wünschte eine Verbindung zwischen Waldshut, wo es einen Übergang in die Schweiz besaß, und Ulm. Von dieser versprach man sich Profite im Verkehr von Frankreich und der Schweiz in Richtung Osten. Württemberg sah diese Verbindung jedoch auch als Konkurrenz für seine Südbahn an. Hinzu kam, dass beide Strecken durch hohenzollerisches Gebiet führten, wodurch Verhandlungen mit Preußen erforderlich wurden. Preußen wünschte als Gegenleistung für den Streckenbau durch sein Territorium, dass auch Sigmaringen
Bahnanschlüsse erhielt. Aus dieser Interessenlage heraus einigte man sich 1865 in bilateralen Staatsverträgen auf folgende Streckenbauten: am Neckar: von Eyach nach Horb und, preußisches Gebiet durchquerend, weiternach Rottweil; von dort verzweigend nach Villingen sowie über Tuttlingen nach Immendingen in Baden (siehe auch Geschichte des Bahnhofs Tuttlingen);
im Schwarzwald: von Pforzheim eine Linie nach Wildbad, eine andere nach Calw; in Hohenzollern: von Tübingen über das preußische Hechingen nach Balingen, Ebingen und Sigmaringen;
Realisierung der Verbindung Waldshut-Ulm entlang der Flüsse Ablach und Donau über Radolfzell, Schwackenreute, Meßkirch (Baden), Krauchenwies (Preußen), Mengen (Württemberg), wobei Sigmaringen sowohl von Krauchenwies als auch von Mengen aus angeschlossen wurde; des Weiteren eine Verbindung von Aulendorf nach Schwackenreute. Sekundärbahnen: Die erste dieser Bahnen war die von der Kirchheimer Eisenbahn-Gesellschaft 1864 errichtete Linie von Unterboihingen (heute Wendlingen) nach Kirchheim unter Teck (Teckbahn ). Die ebenfalls privat betriebene Ermstalbahn
nach Urach kam 1873 hinzu, es folgten die Anfänge der Filderbahn-Gesellschaft 1884 sowie 1888 die schmalspurige Dampfstraßenbahnnach Weingarten, die ab 1959 neben normalspurigen Güterzügen auf einem 3 Schienen Gleis verkehrte. Diese Dampfstraßenbahn nach Weingarten wurde 1911 elektrifiziert und war für die Deutsche Reichs- und später Bundesbahn die einizgste Straßenbahn in ihrem Bestand. Der Personenverkehr wurde 1964 eingestellt, der Güterverkehr erst im Jahre 1999. 2002wurden die Gleise leider zurück gebaut – es sind jedoch noch einige Relikte erkennbar u.a. der Bahnhof Weingarten der heute als Verwaltungsgebäude der RAB genutzt wird.
Der Bau der Strecke Stuttgart-Ulm:
Am 22. Oktober 1845 wurde der 3,5 km lange Abschnitt von Cannstatt nach Untertürkheim eröffnet. Am 7. November 1845 folgte der 2,4 km von Untertürkheim nach Obertürkheim, am 20. November gleichen Jahresschließlich der Abschnitt bis Esslingen (3,9 km). Am 14. Dezember 1846 folgte die 17,3 km lange Verlängerung bis Plochingen. Weitere 27,6 km, von Plochingen bis Süßen, gingen am 11. Oktober 1847 in Betrieb. Es folgte der 10,9 km lange Abschnitt bis Geislingen, am 14. Juli 1849, bevor am 29. Juni 1850 die verbliebenen 32,7 km bis Ulm in Betrieb genommen werden konnten. Am28. Juni 1850, nach nicht einmal fünf Jahren rollte der erste Zug über die neue, zunächst noch eingleisige Trasse der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahn. Sie gilt wegen der Geislinger Steige auch als erste Überquerung eines Mittelgebirges in Europa. Die Steigung beträgt 1:44,5 bzw. 22 ‰. Am 12. Oktober 1862 wurde nach vierjähriger Bauzeit der zweigleisige Ausbau der Strecke abgeschlossen. Die Strecke wurde im Jahre 1933 elektrifiziert. Zuvor halfen spezielle Schiebeloks den Zügen auf der Geislinger Steige zwischen Geislingen West und Amstetten; Güterzüge werden auch heute noch nachgeschoben. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg beendete die Reichsverfassung von 1919 die Eigenständigkeit der Länderbahnen; sie gingen in der am 1. April 1920 gegründeten Reichsbahn auf. Die vormalige Direktion der württembergischen Staatsbahnen wurde so zur Reichsbahndirektion Stuttgart. Das Streckennetz war zu dieser Zeit 2153 km lang. Werfen wir nun einen Blick auf die Eisenbahnstrecken und Infrastruktur in unserem regionalen Bereich. Zunächst auf die Donautalbahn – meistens kurz als Donaubahn bezeichnet. Die Strecke beginnt in Ulm und führt über Donaueschingen bis nach Freiburg.
Die Donautalbahn wurde nicht als eine durchgehende Strecke geplant, sondern setzt sich aus verschiedenen Einzelstücken zusammen, die als Teil unterschiedlicher Eisenbahnprojekte über insgesamt 25 Jahre hinweg gebaut wurden. Die Landesgrenzen zwischen den Ländern Württemberg, Baden und den seit 1850 zu Preußen gehörenden Hohenzollernschen Landen machten eine einheitliche großräumige Streckenplanung dabei schwierig. Immerhin überquerte die Donautalbahn zwischen dem württembergischen Mengen und dem badischen Immendingen insgesamt zehnmal eine Landesgrenze. Die Donautalbahn wurde von den Königlich Württembergische Staats-Eisenbahnen errichtet. Dies erfolgte im Anschluss an die Schwarzwaldbahn von Offenburg nach Singen (Hohentwiel), die zuvor von den Badischen Staatseisenbahnen gebaut wurde. Preußen beteiligte sich nicht am Bau der Donautalbahn, obwohl Teile der Donautalbahn auch über hohenzollerisches Gebiet führen.
Erste Überlegungen zum Bau einer Eisenbahnstrecke von Ulm donauaufwärts entstanden bereits in den 1850er Jahren. Wie vielerorts gründeten sich auch in den Städten und Gemeinden entlang der Donau Eisenbahnkomitees, die sich für den Bau eine solchen Strecke einsetzten. 1861 traten 17 dieser Eisenbahnkomitees mit einer Denkschrift an die Öffentlichkeit, die sich für eine Ost-West-Verbindung von Ulm über Ehingen, Mengen, Meßkirch und Singen ins schweizerische Schaffhausen mit Anschluss nach Tuttlingen sowie an die noch in der Planungsphase befindliche Schwarzwaldbahn stark machte. Auch wurde zu dieser Zeit der Bau einer Eisenbahnlinie entlang der Donau als Teilstück einer europäischen Magistrale von Wien nach Paris diskutiert.
Am 28. April 1865 beschloss der württembergische Landtag dann das entsprechende Gesetz, das den Bau einer Eisenbahnstrecke von Ulm entlang von Blau, Ach und Schmiech bis Ehingen und dann weiter entlang der Donau bis Sigmaringen vorsah. Die erheblich kürzere und kostengünstigere Variante einer Bahnstrecke, die von Erbach von der bereits fertig gestellten Südbahnabgezweigt wäre und sich konsequent am Lauf der Donau orientiert hätte, wurde aber zugunsten eines Anschlusses von Blaubeuren und Schelklingen an die Eisenbahn verworfen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war der Einfluss desdamaligen Blaubeurer Abgeordneten Ferdinand von Steinbeis, der darauf hin die Ehrenbürgerrechte der Stadt Blaubeuren erhielt. Die Bauarbeiten an der Strecke begannen noch im Jahr 1865. Am 13. Juni 1868 wurde der Abschnitt zwischen Ulm und Blaubeuren dem Verkehr übergeben.
1869 erreichte man Ehingen, 1870 war die Strecke bereits bis Scheer an der württembergisch-preußischen Grenze fertiggestellt, was König Karl I. als Anlass für eine Sonderfahrt nach Mengen nahm. Für die zahlreichen Tunnel und Donaubrücken warben die Königlich-Württembergische Staats-Eisenbahnen insbesondere Arbeiter aus Italien an. Einige dieser „Gastarbeiter“ verblieben in Württemberg und nur noch an den Familiennamen kann man ihre Herkunft erahnen, auch in Blaubeuren und Schelklingen gibt es ehemalige Eisenbahn-Italiener, z. B. die Familien Zanotti, Fabro, Duelli, Benazzo usw.. Der Bahnhof Schelklingen wurde bereits bei der Planung als „großer württembergischer Bahnhof“ mit Kreuzungs- und Umsteigefunktion geplant, daher auch das doch stattliche Empfangsgebäude, der Güterschuppen und die Bahnhofsrestauration heute die Gaststätte „Stellwerk“.. Über 750 m lange Hauptgleise, Überhol- und Ladegleise ,ein kleiner Lokschuppen und eine Drehscheibe – sie befanden sich zwischen Stellwerk 2 und der Straße nach Schmiechen-in 1962 noch in den Lageplänen enthalten-sowie ein Wasserkran vervollständigten den Bahnhof. Die großzügige Gleisanlagen waren einerseits für den zu erwartenden Güterverkehr des Zementwerkes und andererseits für die geplante Streckenabzweigung nach Reutlingen vorgesehen.
Wurden die Gleisanlagen zunächst noch durch sogenannte Ortsweichen gesteuert und die Signalanlagen ohne Blockabsicherung gestellt, wurden mit der Errichtung der Strecke nach Münsingen ein Befehlsstellwerk und zwei Wärterstellwerke - Stw 1 und 2 in Schelklingen gebaut. Im Empfangsgebäude wurde ein sogenanntes württembergisches Kurbelstellwerk eingebaut, das auf ausschließlicher mechanischer Bedienung mit Drahtseilzügen und Spannwerken aufgebaut war.
Von hier gab der Fahrdienstleiter die Aufträge (Befehle) zum Einstellen der Fahrstraßen und zum Stellen der Signale an seine Wärter. Die Wärter selbst waren auch für die Rangierfahrten in ihrem Bereich zuständig, da hierzu keine Fahrstraßen eingestellt werden mussten.
Die Stellwerke waren bereits um 1899 geplant, Stw 1 ging 1900 in Betrieb, Stw 2 ging 1901 mit der Eröffnung der Nebenbahnstrecke nach Münsingen in Betrieb. Die Technik, ebenfalls mechanisch, baute die Maschinenfabrik Esslingen in der württembergischen Einheitsbauart G Bruchsal. Erst ca. 1925 wurde auf der Strecke nach Blaubeuren und nach Allmendingen der Streckenblock hinzugefügt der seinen Strom durch das Drehen einer Induktionskurbel erzeugt. Die Strecke nach Münsingen blieb ohne Streckenblocksicherung.
Das System war absolut unempfindlich und funktionierte bis zu seiner Stilllegung im Jahre 1992 reibungslos und natürlich auch bei Stromausfall.
Am 25. Mai 1992 wurde dann die gesamte Stellwerksanlage des Bahnhofs Schelklingen, bestehend aus Stellwerk1, der Befehlsstelle und dem Stellwerk 2 außer Betrieb genommen. Die Funktion wurde durch das neue Drucktasten-Stellwerk Spurplan 60 Schaub-Lorenz übernommen.
Wer hierzu mehr wissen will, dem empfehle ich einen Besuch im Museumsstellwerk 1 in Schelklingen, Hier kann das Abwickeln von Zugfahrten bis zum Stellen des Signalflügels gezeigt werden und man kann auch selbst Hand anlegen. Die Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen eröffneten am 2. Juni 1892 die elf Kilometer lange normalspurige Nebenbahn vom Reutlinger Hauptbahnhof über Pfullingen bis Honau am Fuß der Schwäbischen Alb durch das Tal der Echaz. Am1. Oktober 1893 folgte die 23 Kilometer lange Fortsetzung mit der Steilstrecke, die mit Hilfe einer Zahnstange bewältigt wurde, über Kleinengstingen durch das Lautertal zur Oberamtsstadt Münsingen. Der 24 Kilometer lange Anschluss zur Donautalbahn in Schelklingen wurde am 1. August 1901 in Betrieb genommen. In Kleinengstingen zweigt seit dem 7. November 1901 eine Bahnstrecke der Hohenzollerischen Landesbahn (HzL) nach Gammertingen ab.
Militärverkehr Schelklingen – Münsingen (Oberheutal):
Am 01.08.1901 ging der Streckenabschnitt Schelklingen-Münsingen in Betrieb. Somit war ein durchgehender Verkehr von Schelklingen über Münsingen und Honau nach Reutlingen möglich. Bereits im Jahre 1895 hatte sich die württembergische Regierung auf der Suche nach der Einrichtung eines Truppenübungsplatzes für das Gelände auf dem Münsinger Hardt entschieden. Die königliche Eisenbahndirection hatte nach langen Auseinandersetzungen die Absicht eine Eisenbahnstrecke von Urach über Seeburg nach Münsingen zu bauen endgültig fallen lassen. Die Soldaten kamen von1895 bis 1901 in Urach an und mussten den langen Marsch durchs Seeburger Tal nach Münsingen auf sich nehmen. Ab 1901konnten sie den Übungsplatz nun per Eisenbahn erreichen.
Der größte Teil der Militärtransporte wurde über Schelklingen auf der Adhäsionsstrecke abgewickelt, da auf der steilen Honauer Steige Zahnradbetrieb herrschte und nur eine geringe Last mit 10 km/h befördert werden konnte.
Während des ersten Weltkrieges beförderte die Eisenbahn eine Menge von Truppen und Material, hauptsächlich Munition aus dem Depot in Münsingen und Pferde aus dem Remontedepot Breithülen. Die eingesetzten Loks waren überwiegend württembergische T 5von denen eine Lok den Namen Münsingen trug.
Während des Zweiten Weltkriegs herrschte auf der Strecke ähnlich wie in den Zeiten des ersten Weltkriegs reger Militärverkehr. Die Lokbespannung hatte sich geändert, es waren nun hauptsächlich Dampfloks der BR 050vorgespannt. Als der italienische Duce Mussolini seine
Truppen in Münsingen besuchte fuhr er mit der Eisenbahn von Ulm kommend über Schelklingen durchs Heutal. Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges wurden die Züge immer öfters von Tieffliegern angegriffen, dabei konnte sich ein Munitionszug auf der Fahrt nach Münsingen bei Schmiechen nicht mehr in den Einschnitt retten und wurde in Brand geschossen, die explodierende Munition setzte einen naheliegenden Bauernhof in Brand der völlig abbrannte.
1994 wurde bei Signalarbeiten von einem Bahntechniker eine Stabbrandbombe gefunden und zum Bahnhof Schelklingen gebracht. Der Vorsteher verständigte den Kampfmittelräumdienst und schloss die Bombe in seinem Dienstzimmer in seinem Kleiderschrank ein. Am nächsten Tag zeigte sich der Kampfmittelräumdienst entsetzt über den Aufbewahrungsort und beglückwünschte den Bahnhofsvorstand, dass sein Bahnhof noch stand. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Übungsplatz von den Franzosenbeschlagnahmt und intensiv genutzt. Durch die Beeinträchtigungen sah sich die Stadt Münsingen genötigt den Militärumschlag aus der Stadt zu bekommen und baute eine Panzerringstraße zu einem neuen Verladebahnhof am oberen Ende des Heutals und bezeichnete ihn als Oberheutal. Genutzt wurde der Platz und der Bahnhof nun durch die Franzosen und auch wieder von der Bundeswehr die in Münsingen die Herzog-Albrecht Kaserne betrieb.
Der Bahnhof hatte nicht nur ein Stellwerk und moderne Gleis- und Signalanlagen in Dr-Technik, der Bahnhof hatte eine Fahrkartenausgabe, eine Gepäckabfertigung und Warteräume. Selbst Duschräume und Schlaf-bzw. Übernachtungsräumer für das Militärpersonal waren vorhanden.
Besetzt war der Bahnhof nach Bedarf (wenn Militärverkehr erfolgte) mit Personal des Bahnhofs Münsingen und Schelklingen.
In der Zufahrt zum Bahnhof Oberheutal im sogenannten Schandental stand eine Holzhütte (Unterstand). Dort war die steilste Stelle der Strecke. Die Militärzüge bespannt mit Dampfloks, hielten hier meistens an und feuerten nochmals kräftig um den letzten Teil der Fahrt mit genügend Dampf absolvieren zu können. Die Stelle hieß bald „Dampfmachhausen“ Mit großen weißen Buchstaben wurde auf die Hütte diese Bezeichnung aufgemalt und von da an hieß die Hütte „Bahnhof Dampfmachhausen“. In den neunziger Jahren ist die Hütte leider durch Unachtsamkeit (offenes Lagerfeuer) abgebrannt.
Eine Episode soll nicht unerwähnt bleiben: Die Winter auf der Münsinger Alb waren sehr schneereich, nicht umsonst sprachen Rekruten, aber auch Einheimische von Schwäbisch-Sibirien wenn sie auf den Übungsplatz angesprochen wurden.
Damit Züge die Steilstrecke durchs Heutal meistern konnten war ein Dampfschneepflug im Bf Schelklingen stationiert. Ein Militärzug mit Panzerhaubitzen und Bergepanzern hatte sich im Monat Februar auf den Weg nach Münsingen gemacht. Aufgrund der vom Bf Münsingen gemeldeten Schneelage und den Schwierigkeiten der Weichenfreihaltung und Fahrstraßeneinstellungen entschloss sich der Vorsteher des Bahnhofs Münsingen den Dgm auf der Lok, bespannt in Doppeltraktion BR 218, mitfahrend zu begleiten. Den Schneepflug machte man nicht einsatzbereit – Zitat des Vorstehers: „Den Schneepflug brauchen wir erst wenn es mal richtig Schnee hat.“ Etwa eineinhalb Stunden später tauchte der Dgm plötzlich wieder rückwärtsfahrend bei Schmiechen auf und fuhr auf den Bahnhof Schelklingen zu.
Aufgeregt befragte der Fahrdienstleiter den Vorsteher der von der Lok stieg, was ist los, was ist passiert? Darauf der Vorstand: Nichts besonderes wir haben nur was vergessen.
Später schilderte der Vorsteher die Situation so: Etwa kurz nach „Dampfmachhausen“ schob sich der Schnee vor der Lok immer höher, schließlich bedeckte er die Scheiben des Führerstandes und dann gabs kein Durchkommen mehr. Fassungslos musste der Bahnhofsvorstand zur Kenntnis nehmen, dass es jetzt doch „richtig Schnee“ hatte.
Der Lokführer berichtete von einem, im Gesicht ziemlich weißen Bahnhofsvorstand der völlig ratlos der Situation gegenüber stand und bereits befürchtete zu Fuß durch den hohen Schnee den Rückweg antreten zu müssen.
Als in den späten neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts der Güterverkehr auf der Strecke Münsingen-Kleinengstingen eingestellt wurde wollte die Deutsche Bundesbahn diesen Abschnitt stilllegen lassen. Verhindert wurde diese Stilllegung durch Einspruch der Bundeswehr die für ihren Verladebahnhof Oberheutal einen Anschluss auf zwei Seiten sichergestellt wissen wollte. Sollte der Abschnitt Richtung Schelklingen unterbrochen werden musste eine Abfuhr über Kleinengstingen sichergestellt sein, das Gleiche galt auch umgekehrt.
Der Betrieb des Abschnitts über Lichtenstein-Honau nach Reutlingen war für den Personenverkehr bereits 1969 eingestellt worden. Güterverkehr war auf der Zahnradstrecke schon länger nicht mehr möglich. In 2005 wurde der Truppenübungsplatz Münsingen aufgehoben. Der Verladebahnhof wird seither für den zivilen Verkehr genutzt, hauptsächlich Holztransporte werden dort abgewickelt.
Durch den glücklichen Umstand der verhinderten Stilllegung ist die Strecke Schelklingen- Kleinengstingen heute eine Touristikbahn und zwischen Gomadingen und Münsingen – Schelklingen wird wieder Schülerverkehr durchgeführt.
Auf der Touristikbahn verkehren in den Sommermonaten der historische Triebwagen VT 798 „Ulmer Spatz“ der „Rote Brummer“ der SAB, auch als „Spätzle-Express“ nach Trochtelfingen und verschiedene Dampfloks bei Sonderfahrten.
Im Bahnhof Münsingen wurde der Kurbelstellwerksblock funktionstüchtig erhalten, ist während des Fahrbetriebs im Einsatz und kann besichtigt werden.
Soweit mein kleiner Einblick in die Eisenbahngeschichte der württembergischen Eisenbahnen in der Region Ulm – Münsingen.
Hoffe Sie nicht gelangweilt zu haben und würde mich freuen Sie mal wieder, ob im Museumsstellwerk Schelklingen oder beianderen „Eisenbahngelegenheiten“ wiedersehen zu können.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Vortrag von Georg Renz, Schelklingen)